Stimmen zum Buch
Die Verse ihres Debüt-Bandes, zugleich
Abschlussarbeit am Deutschen Literaturinstitut
Leipzig, bestechen durch einen
Rhythmus, der einen gefangen nimmt in
diesen äußerst genauen Beschreibungen
von Landschaft, die zugleich Innenweltbilder
sind, durchzogen von Melancholie.
Die engere Heimat dieser Lyrikerin –
in einem Gedicht finden wir Hinweise auf
Bröthen-Michalken bei Hoyerswerda –
weitet sich zur Wortlandschaft. Die reicht
in den Osten, von wo der Wind her
kommt: »ortsfremde gerüche / das
schwelen der laubfeuer vorm haus«. Und
sie ist angereichert mit Welterfahrung.
Mit dem Gespür von Unbehaustsein, Kälte;
mit dem Wissen um Kriege andernorts
– in Bosnien-Herzegowina etwa – und
deren Folgen: »in den köpfen stecken
noch kugeln granaten & splitter«; mit dem
Wissen um die Brüchigkeit vermeintlicher
Sicherheiten.
Dresdner Neueste Nachrichten, Tomas Gärtner
Es gibt LyrikerInnen, die sich ganz der Form verschreiben, und solche, die etwas zu sagen haben. In den Gedichten der Leipziger Lyrikerin Andra Schwarz kommt beides auf überaus glückliche Weise zusammen. Schon nach wenigen Seiten verspürt man den Drang, ihre Gedichte laut zu lesen. Nicht nur der genau gebaute, von einem prosodisch und semantisch stets plausiblen Enjambement im Fluss gehaltene Rhythmus verführt dazu. Hinzu kommen Bilder, deren Trauer und Schönheit zu überraschenden,
sofort einleuchtenden Sprachbildern verschmelzen. Man sieht beim Lesen das »ausbluten der landschaft«, alte Männer in einem zypriotischen Dorf, die schweigend, ja »halsstarrig & und eng in den lungen« Backgammon spielen, man hört das »rauschen der abwesenheit«, Panzer, die »wie käfer durch geschlossene kanäle krabbeln«. Sprachlich und gedanklich stimmt hier einfach alles.
Bewundernswert ist auch die Sensibilität, mit der Abstraktes, Emotionales und Imaginäres immer wieder auf Konkretes, auf Landschaft, Menschen und Tiere bezogen werden.
literaturkritik.de, Sabine Haupt
Andra Schwarz legt mit
Am morgen sind wir aus glas ein Debüt vor, das sehr feinfühlig und genau
beobachtend gesellschaftlich virulente Gräben mit denen zwischen ich und du verbindet. Dabei gleitet
die sprachliche Dringlichkeit gleichsam in ein sehr Sanftes. Diese Gedichte machen die Notwendigkeit
poetischen Sprechens als tastende und widerständige Bewegung in ungewissem Gebiet unverkennbar
sichtbar.
Fixpoetry | Elisa Weinkötz
Lesend, nachsinnend, grübelnd und voller Staunen begegnen
wir auf dem Papier einer Dichterin, die mit der so oft vergeblich angemahnten, ganz eigenen Stimme spricht, angetreten, dem »Gespenst
der Sprachlosigkeit« Paroli zu bieten.
In einer Zeit, die sich auf der Außenspur selbst zu überholen versucht, in der Momente des Innehaltens als Schwächeanfälle gedeutet werden, als Zumutung gar oder Hemmschuh beim Streckemachen, in einer Zeit, da die Flut der bunten Bilder die Halbtöne der Erinnerung auszulöschen droht, imaginiert Andra Schwarz in ihren Versen trotzig »grau gezeichnete landschaft und schilder, die warnen« vor womöglich vermintem Terrain.
SAX 2018